Assessment Center – Viel Tamtam und wenig Wirkung?

Wenn es um die Auswahl geeigneter Mitarbeiter  geht, entbrennt immer die Diskussion um die richtigen Methoden. Relativ akzeptiert sind „biografische“ Indikatoren, wie die Analyse des Lebenslaufes (hier mal ein paar ausgefallene Beispiele) oder entsprechende Auswahlinterviews. Bei „psychologisch“ oder eignungsdiagnostisch fundierten Instrumenten wie Testverfahren oder dem Assessment Center scheiden sich jedoch die Geister und es endet zumeist in einer lebhaften Diskussion. (Zu?) Groß sind anscheinend die Vorurteile vergangener Tage diesen Methoden gegenüber, so dass sie gebetsmühlenartig von den Kritikern immer wieder ins Feld geführt werden: unfair,  zu aufwändig (übrigens befinden sich die Kritiker nicht nur auf Seiten des Betriebrates, wie ich selber erfahren musste – zu groß wohl auch die Angst auf der Seite von Führungskräften Macht und Einfluss in ihrem intransparenten politischen Einflusssystem zu verlieren). Und in der Tat hat gerade das Assessment Center im Sinne seiner Gültigkeit (=wählt es wirklich die richtigen Kandidaten aus?) heutzutage mit Problemen zu kämpfen, wie Professor Schuler mehrfach gerne betont. 

Ich persönliche bin auf jeden Fall ein Fan und Unterstützer des ACs, sofern es fundiert und entsprechend der definierten Anforderungen konstruiert ist. Leider tummeln sich auf dem Markt jedoch zuviele schwarze Schafe, die sich als vermeintliche „Experten“ bezeichnen und leider kommen zu viele ACs „von der Stange“ zum Einsatz, die die Qualität des einzelnen ACs schmälern.  Zielgerichtet und bedarfsspezifisch konstruiert gibt es für mich derzeit auf dem Markt im Sinne der eignungsdiagnostischen Aussagekraft keine Alternative zum AC. Dies soll nicht bedeuten, dass es ein Allheilmittel ist, da es sicherlich viele Fälle gibt, bei denen andere Methoden ebenbürtige Ergebnisse erzielen (Bspw. bei der Auswahl von bereits bekannten Bewerbern). Es muss aber klar sein, dass eine gute und zuverlässige Personalauswahl mit Aufwand und Kosten verbunden ist. Im Besten Fall vor der Auswahl. Im schlimmsten Fall zahlt man den Preis nach der Auswahl des falschen Kandidaten. Doch diese Rechnung wird leider zu selten gemacht…

Alle noch an Bord?

Seit Jahren machen immer wieder Studien die Runde, die darüber berichten, wie viele Mitarbeiter nur noch Dienst nach Vorschrift machen, bereits intern gekündigt haben oder wie es um die Mitarbeiterzufriedenheit bestellt. In Zeiten, in denen Bewertungsplattformen wie kununu und Aktionen wie „A great place to work“ (vermeintlich) absolute Transparenz darüber schaffen, wie glücklich Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber sind und gute Mitarbeiter aufgrund des „War for Talents“ ein kostbares Gut sind eine sicherlich nicht zu vernachlässigende Komponente in der Personalarbeit.

Jetzt ist ein neues Testverfahren in der Erprobung, welches die wichtigsten Kriterien der „organisationalen Bindung“, oder neudeutsch „Commitment“ messen sollen: Das Bochumer Commitment Inventar (BOCOIN). Neben der „Attraktivität der Tätigkeit“, dem „Betriebsklima“ und der „Arbeitgeberattraktivität“ ermittelt das Inventar auch Indizes zum Thema „Entgelt“ und zur „Personalentwicklung“.

Neben Mitarbeiterbefragungen oder Stimmungsbarometern ist dies sicherlich eine weitere interessante Informationsquelle für Personaler und Top-Manager. Allerdings sollten die zahlengläubigen Manager nicht aus dem Blick verlieren, dass die Sau vom Wiegen nicht fetter wird. Allzuhäufig habe ich erlebt, dass  gut gemeinte Ansätze zur Erfassung und Verbesserung der Mitarbeiterbindung ohne Wirkung geblieben sind, in blindem Aktionismus endeten („Nicht noch ein Teamworkshop“!) oder sogar negative Auswirkungen hatte („Lieber sozial erwünscht antworten, als noch eine Feedbackrunde!“)

Entscheidend ist von daher was aus den Rückmeldungen der Mitarbeiter gemacht wird. Egal ob diese via Fragebogen oder persönlich erhoben werden.

Diagnostische Testverfahren in der Personalentwicklung

Mittlerweile zählen im deutschsprachigen Wirtschaftsraum eignungsdiagnostische Testverfahren ja wieder zu sehr gängigen Instrumenten. Wer als Personaler auf der Suche nach wissenschaftlich fundierten und doch kostengünstigen Verfahren ist, der findet bei www.testentwicklung.de entsprechende Hilfestellung. Hierbei handelt es sich um ein Projektteam der Fakultät für Psychologie an der Ruhr-Universität Bochum. Das Projektteam hat es sich zur Aufgabe gemacht, neue Testverfahren zu verschiedensten wirtschaftsrelevanten Fragestellungen zu entwickeln. So stammt beispielsweise das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“, kurz BIP zu den bekanntesten Verfahren. Neben dem bekannten Persönlichkeitsverfahren bietet das Projektteam bspw. auch Instrumente zum Thema Allgemeinwissen (BOWIT), Intelligenz (BOMAT) oder Organisationsklima (BIMO) an. Im Gegensatz zu den jeweils im Hogrefe-Verlag veröffentlichten Versionen dieser Verfahren handelt es sich hierbei um weiterentwickelte Forschungsversionen. Gegen eine Kostenbeteiligung können die Verfahren im eigenen Unternehmen im Rahmen von Personalauswahl, Coaching oder Personalentwicklung eingesetzt werden.

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